Zusammenfassung: Medien und Journalist_innen in der Demokratie

Pressefreiheit - ein Grundrecht

Artikel 10, Absatz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK):

"Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben." 

Die EMRK hat in Österreich Verfassungsrang, also ist Artikel 10 auch Grundlage der Informations- und Medienfreiheit in Österreich. Im Detail ist sie im Mediengesetz geregelt. 

Sagen zu dürfen, was wir denken und unsere Meinungen verbreiten zu dürfen - das zählt in Demokratien zu den Grundrechten. Das heißt aber auch, dass wir Meinungen aushalten müssen, die uns nicht gefallen. Demokratien anerkennen und schützen die Vielfalt an Lebensweisen, Interessen und Meinungen. Der Pluralismus bildet sich zum Beispiel in den Parlamenten ab, die die Gesetze aushandeln.

Um zu gewährleisten, dass die Parlamente (Legislative), die Regierungen, Behörden und Polizei (Exekutive) sowie die Gerichte (Judikative) tatsächlich auch im Sinne der Bevölkerung agieren, bedarf es einer Kontrolle durch die Öffentlichkeit. Die Medien werden deshalb neben den drei Gewalten Legislative, Exekutive und Judikative auch als vierte Gewalt bezeichnet. 

Neben Kontrolle erfüllen Medien weitere Aufgaben: Sie informieren die Bevölkerung, z. B. über neue Gesetze oder Gerichtsurteile. Dass die Menschen in einem Land diese Dinge erfahren, ist wichtig für eine Demokratie. Denn nur informierte Menschen können sich eine Meinung bilden und auf dieser Grundlage an Wahlen teilnehmen. Medien helfen darüber hinaus bei der Meinungsbildung, indem sie nicht nur über die Geschehnisse informieren, sondern sie auch kommentieren.  

Medien können diese Aufgabe wahrnehmen, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:

- Sie können frei entscheiden, worüber sie berichten

- Sie können frei entscheiden, wie sie darüber berichten. Zensur ist verboten

- Journalist_innen können ihre Quellen schützen. Sie können z. B. die Identität ihrer Informanten geheimhalten, selbst in einem Strafverfahren (Aussageverweigerungsrecht). Das ist als Redaktionsgeheimnis im Mediengesetz verankert. 

- Viele verschiedene Medienhäuser sind am Markt tätig und beleuchten Geschehnisse aus unterschiedlichen Perspektiven. Marktkonzentration - die Medien befinden sich in der Hand einiger weniger Akteure - schränkt die Meinungsvielfalt ein und macht Redaktionen anfälliger für Einflussnahme durch Politiker_innen.  

Meinungs- und Pressefreiheit stößt jedoch auch an Grenzen. Die Präambel des österreichischen Mediengesetzes hält fest, dass Beschränkungen der Medienfreiheit nur unter den Bedingungen des Artikel 10 Absatz 2 der EMRK zulässig sind: 

"Die Ausübung dieser Freiheiten ist mit Pflichten und Verantwortung verbunden; sie kann daher Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die nationale Sicherheit, die territoriale Unversehrtheit oder die öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral, zum Schutz des guten Rufes oder der Rechte anderer, zur Verhinderung der Verbreitung vertraulicher Informationen oder zur Wahrung der Autorität und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung."

Wenn die Pressefreiheit in Demokratien eingeschränkt wird, dann meist, weil sie  Persönlichkeitsrechte verletztdas Grundrecht auf Intim- und Privatsphäre etwa. Presseartikel, die Personen mittels übler Nachrede, Beschimpfung o. Ä. brandmarken, sind ebenfalls nicht zulässig. Auch dürfen Journalist_innen Menschen, die als Angeklagte vor Gericht stehen, nicht ohne rechtskräftiges Urteil als Täter_in bezeichnen. All das ist im Mediengesetz detailliert geregelt. Im Streitfall entscheiden Gerichte und wägen die Grundrechte gegeneinander ab.

Wichtig: Pressefreiheit ist ein hohes Gut und muss permanent verteidigt werden. Denn machthabende Politiker_innen versuchen, die Berichterstattung in ihrem Sinne zu lenken. Wirtschaftstreibende nehmen ebenso Einfluss auf die Presse, etwa, indem sie Anzeigen schalten - oder bei unliebsamer Berichterstattung eben auch nicht. Alarmierend ist, dass Österreich in den vergangenen Jahren auf der Rangliste der Pressefreiheit von der Organisation Reporter ohne Grenzen abrutscht und 2020 nur noch Platz 18 weltweit belegt. 

Zusätzlich zum Mediengesetz halten sich die meisten Redaktionen in Österreich freiwillig an den Ehrenkodex des Presserates. Das Selbstkontrollorgan österreichischer Blätter steht für guten Journalismus ein. Der Rat, den die Krone nicht anerkennt, kann Verstöße gegen den Kodex feststellen und veröffentlichen. Ansonsten bleibt ein Verstoß jedoch weitgehend folgenlos.  


Menschen machen Medien

"Die Medien" bestehen aus Menschen, also Journalist_innen, die tagtäglich recherchieren und uns die Informationen aufbereiten. Da eine Zeitung nur begrenzt Platz hat, entscheiden sie, welche Neuigkeiten berichtenswert sind und welche nicht. Objektive Kriterien existieren nicht, aber Medienwissenschaftler haben in der Vergangenheit Faktoren aufgestellt, die den Wert einer Nachricht beeinflussen: So haben etwa überraschende Ereignisse (Sensation), die im Inland (Nähe) stattfinden und viele Opfer (Schaden) mit sich bringen, eine höhere Wahrscheinlichkeit ins Blatt zu kommen, als etwas Erwartbares auf der anderen Seite der Welt mit nur geringen Auswirkungen. Aber da der Nachrichtenwert nicht immer so einfach zu bestimmen ist, ist letztlich ausschlaggebend, was die Journalist_in als relevant erachtet. 

Journalist_innen entscheiden also, worüber sie berichten (gatekeeping), aber auch, mindestens genauso wichtig, wie sie darüber berichten. Hier rückt die medienmachende Person selbst ins Zentrum: Wie jeder Mensch ist sie geprägt von Herkunft und Erfahrung, blickt sie mit bestimmten Werten und Einstellungen auf Geschehnisse. 

Dennoch: Journalist_innen sollten das Ideal der neutralen Berichterstattung anstreben. In der Auswahl der Nachrichten, aber auch beim Schreiben selbst. Neutrale Formulierungen sind hier wichtig. Generell hilft das journalistische Handwerk, zum Beispiel, dass man einer Information erst Glauben schenkt, wenn mehrere Quellen sie bestätigen und dass man bei der Recherche Interviewpartner befragt, die gegensätzliche Meinungen vertreten.

Heißt das nun, Medienmacher_innen müssen ihre eigenen Meinungen verbergen? Nein. Sie dürfen und sollen sogar Standpunkte vertreten, diese allerdings nur in den meinungsorientierten journalistischen Darstellungsformen darlegen. 

Zwischen Bericht und Meinung zu trennen zählt zu den Grundsätzen des Journalismus. Verschiedene journalistische Darstellungsformen ermöglichen das: Nachricht und Bericht beanspruchen ObjektivitätReportage und Portrait ebenso, allerdings erlauben sie subjektive Interpretationen, während KommentarKritik und Glosse auf einer klaren Meinung basieren. 



Zuletzt geändert: Dienstag, 23. Juni 2020, 13:56